Normalerweise hält sich meine Begeisterung einigermaßen in Grenzen, wenn das Konzert eines Künstlers, den ich gerne sehen möchte, im Luxor in Köln ausgetragen wird. Denn auch wenn das Luxor eine ganz wunderbare, intime Location für ein Clubkonzert und dessen Besucher ist, so stellt es für die Fotografengemeinde jedes Mal eine kleine Herausforderung dar.
Das Wort „normalerweise“ impliziert es ja schon: Gestern war anders. Es stand eine unglaublich tolle Band auf einer dieses Mal fantastisch beleuchteten kleinen Bühne, was will man mehr?
So viel zu den erfreulichen Begleitumständen. Und nun zum ebenfalls mehr als erfreulichen Inhalt des gestrigen Abends. Die eigentlich sechs Köpfe umfassende Indie-Rockband Fairchild aus Australien (jetzt in Manchester lebend) machte gestern in abgespeckter Version den Auftakt. Adam Lyons (Vocals und Gitarre), Nathan Lyons am Keyboard und Bassist Tommy Davies stimmten das Publikum würdig auf den Main Act ein, und ließen sich auch von einer gerissenen Saite an Adam’s Gitarre und eines bei dieser Aktion zu Schaden gekommenen Fingers nur relativ kurzzeitig beirren. Die Situation kannte man schon, es sei wohl nicht die erste Saite, die während dieser Tour in die Brüche ging. Und auch wenn Adam sich ab und zu das Blut vom Finger wischen musste und über Schmerzen klagte, der Auftritt wurde natürlich durchgezogen. Und das Publikum belohnte die drei dafür mit viel Applaus.
Und dann waren sie da, Mutemath aus dem amerikanischen New Orleans, nach 8 Jahren endlich wieder zurück auf einer deutschen Bühne. Und ich muss es gleich vorwegnehmen: Dieses Konzert war absolut grandios und eines der außergewöhnlichsten, die ich bisher gesehen habe. Außergewöhnlich nicht nur in musikalischer Hinsicht: Schlagzeuger Darren King, der sich sein Headset erst einmal mit Gaffer-Tape am Kopf befestigte, die 80er-Jahre Nerd-Klamotten von Frontmann Paul Meany und sein Keytar, das man ebenfalls noch aus den 80ern kennt. Und diverse offensichtliche Eigenfertigungen, wie zum Beispiel dieses unbenennbare, mit Gaffer-Tape umwickelte Ding, das Paul Meany sich gegen Ende des Konzerts wie sein Keytar um den Hals hängte und dem Song „Reset“ damit eine markante Elektro-Note verpasste.
Die Lieder des gestrigen Abends waren eine gelungene Mischung aus den 3 älteren Alben „Mutemath“, „Odd Soul“ und „Armistice“, und und dem aktuellen Album „Vitals“, nach dem auch die Tour benannt ist. Los ging es mit „Stratosphere“, „Chaos“ und „Prytania“. Es wurde wenig mit Worten gesagt, aber viel mit Ausdruck. Und fast nahtlos ging es von Song zu Song, am Ende eines jeden gab es tosenden Applaus und während eines jeden sang man lauthals mit, wenn es sich nicht gerade um eines der Instrumentalstücke wie „Vitals“ oder „Reset“ handelte. Die vergleichsweise ruhigeren Songs „All I see“ und „You are Mine“ betteten einen wie in eine Wattehülle und man hatte das Gefühl, man könnte sich fallen lassen ohne sich weh zu tun. Oder vielleicht kam diese Illusion auch durch das restlos ausverkaufte Luxor zustande. Umfallen hätte da sicher auch nicht besonders weh getan, bzw. es wäre gar nicht erst möglich gewesen.
Einen der Höhepunkte des Abends lieferte Darren King, der zwei Personen aus der ersten Reihe jeweils ein Paar mit Kontakten präparierten Handschuhen anzog, und diese dann als elektronisches Bass-Schlagzeug benutzte, indem er mit seinen Händen dagegentrommelte. Mutemath erwiesen sich dem Ende zu sowieso als äußerst publikumsnah. Sie ließen es sich nicht nehmen, ihrem Publikum persönlich mit Handschlag und Umarmungen zu danken, Und jeder, der einigermaßen in der Nähe stand, hatte die Gelegenheit, Paul Meany, Darren King, Greg Hill und Roy Mitchell-Cárdenas besonders nahe zu kommen.
Wie gesagt, dieses Konzert war wirklich grandios. Und ich hoffe inständig, dass keine weiteren 8 Jahre bis zur nächsten Tour auf deutschen Bühnen vergehen werden.
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