Felix Meyer und seine Band Project Île gastierten gestern Abend im Zuge ihrer „Fasst Euch Ein Herz“-Tour im Stadtgarten in Köln, und ich möchte gar nicht bis zum Ende meines Textes warten mit meinem Résumé, sondern es gleich vorwegnehmen: dieses Konzert war einfach traumhaft schön. Es standen sechs ganz fantastische und so wunderbar sympathische Musiker auf der Bühne, die noch ganz nah an ihrem Publikum sind.
Denn dieses typische Bühnengefühl kam gar nicht richtig rüber. Wie auch, wenn einige der Bühnenutensilien eher an ein Wohnzimmer erinnerten. Das eines viel Gereisten. Bilder von Landschaften über und unter Wasser, ein beleuchteter Globus, und ein Teppich mit einem Muster über das sich jede Oma sehr gefreut hätte. Und diese Nähe einfach. Ein paar Mal war mir, als hätten wir uns alle tatsächlich für ein Wohnzimmerkonzert versammelt. Dieses Gefühl wurde durch Felix verstärkt, denn er erzählte viel, untermalte viele seiner wunderschönen Songs mit den passenden Anekdoten. Man hörte ihm zu und man lachte mit ihm, man gesellte sich in Gedanken zu ihm und erlebte seine Geschichten mit ihm.
Gleich zu Beginn bedankte Felix sich beim Publikum für das große Vertrauen. Denn man sei gewissermaßen ein ebenfalls recht großes Wagnis eingegangen, indem man für diese Tour ein Bühnenprogramm zusammengestellt hätte, das größtenteils aus neuen und noch unbekannten Liedern bestünde. Aber das ist ein Gefühl, dass seine Lieder ihren Zuhörern nicht vermitteln wollen. Vielmehr empfindet man eine Art Vertrautheit, fühlt sich eingebettet in Klänge und Worte, die auf unerklärliche Weise eine Art Erinnerung wecken, auch wenn man sie vorher noch nie gehört hat. Es werden Sehnsüchte entfacht – nach fernen Orten, Gerechtigkeit, Liebe, Menschlichkeit und Mitgefühl. „Die Corrida“ ist mir hier im Gedächtnis geblieben, ein Lied das mich persönlich auf zweierlei Weise sehr berührt hat. Einerseits war es Balsam für mein andalusisches Herz, andererseits eine gewisse Anklage der Tradition des Stierkampfs, und die wiederkehrende Frage: Kann man diese Welt noch ernst nehmen? Themen, die mich als Tierschützer und Systemkritiker ebenso stark berühren.
Auf diese Art verpackt Felix Themen, die ihm wichtig sind und angesprochen wissen möchte, in seine Songs. „Liebevoll Bis Menschenleer“, „Kaffee Ans Bett“, „Liebe Dreck Und Gewalt“, „Irgendwas Immerhin“ (in einer Version auf Französisch) und „Eine Von Millionen“ sind nur ein paar von denen, an denen wir uns gestern Abend erfreuen durften. „Der Reichste Mann“ war auch einer der Songs, der gespielt wurde. Dabei stand der so gar nicht auf dem Plan, wurde von zwei Damen aus dem Publikum allerdings nachdrücklich gewünscht, und wurde letzten Endes zu einem der Highlights des Abends in Bezug auf Liebenswürdigkeit. Es half nämlich kein Protestieren und auch kein Beteuern, man hätte den Song seit Ewigkeiten nicht mehr gespielt und man könne ihn schon gar nicht mehr. Schlagzeuger Johannes Sens ging sogar noch einen Schritt weiter und sagte, er hätte noch nicht einmal von dem Song gehört. Und an dieser Stelle kam dann tatsächlich das Textbuch zum Einsatz, das Felix sich für den Fall des Verlusts von Kurz- oder auch Langzeitgedächtnis bereit gelegt hatte. Während Felix dann anfing zu reden und reden, dem Publikum sagte, es sollten nun jegliche Videoaufzeichnungen einstellen, und es hätte es ja nicht anders gewollt, stellten sich Claudius Tölke, Olaf Niebuhr und Erik Manouz im kleinen Kreis zusammen und frischten sich gegenseitig das Gedächtnis auf. Und letzten Endes trugen es die sechs ebenso wunderbar vor wie die vorherigen Lieder. Das dabei an vielen Stellen sehr überrascht wirkende Gesicht von Johannes Sens, sowie die Tatsache dass Felix‘ Augen nur während des Refrains nicht im Textbuch klebten, zauberte ein nur noch größeres Lächeln in die Gesichter des Publikums.
Ohne Zugabe wollte man die sechs natürlich nicht ziehen lassen, und man musste nicht lange betteln. Zu guter Letzt gab es noch 3x klangvolle Schönheit: „GelegenheitMacht Liebe“, „Der Wind Trägt Uns Davon“ und „Schlaflied“.
Ich kann diesem wundervollen Konzert mit meinem kurzen Text kaum gerecht werden. Und auch wenn Felix Meyer als Person zweifelsohne im Vordergrund steht, so machte nur das harmonische Ensemble den Abend zu diesem großartigen Erlebnis. Ganz herzlichen Dank an Felix Meyer (Gesang, Megafon), Erik Manouz (Gitarre, Percussion, Gesang), Olaf Niebuhr (Gitarre, Banjo, Gesang), Claudius Tölke (Kontrabass, Gesang), Johannes Bigge (Akkordeon, Piano) und Johannes Sens (Schlagzeug, Percussion).
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