Irgendwann kommt für jede Band der Tag, an dem alles zu Ende ist. Nun ja, sicher nicht alles. Ein Ende ist ja auch immer ein Anfang für so vieles andere, aber die Band wird fortan nur noch als Erinnerung existieren. Für Funeral For A Friend war dieser denkwürdige Tag nach mehr als 15 Jahren gestern im Luxor Köln, zumindest in Deutschland. Das wirklich allerletzte Konzert werden sie ja Ende Mai in London spielen. Und auch wenn ich durchaus ergriffen war angesichts der Tatsache, Teil ihres letzten Konzerts in Deutschland gewesen zu sein, Traurigkeit wurde gestern definitiv vor den Türen gelassen. Ganz im Gegenteil, das Motto der Tour wurde gnadenlos umgesetzt: The Last Chance To Dance! … and to sing, and to scream, und einfach alles was Spaß macht.
Ganz offensichtlich wurde auch den beiden Supporting Acts dieses Motto einverleibt, wobei ich mir eigentlich doch sehr sicher bin, dass sie auch bei ihren eigenen Auftritten genauso abgehen wie sie es am gestrigen Abend taten. Den Anfang machten Zoax aus London. Während eines Auftritts der ein oder anderen Vorband nutzt das Publikum ja schon mal die Möglichkeit, um noch einen gemütlichen Plausch zu halten, bevor es dann richtig losgeht. Aber die Band um Frontman Adam Carroll holte die Leute von der ersten Minute auf der Bühne an ab. „Is Everybody Listening?“, der Titel ihres aktuellen Albums, ist hier somit wohl eine eher rhetorische Frage. Die Aufmerksamkeit war ihnen sicher, und das schon bevor Adam über die Absperrung stieg und sich zum Singen und Tanzen mitten ins Publikum katapultierte. Der energiegeladene, schweißtreibende Auftritt der Rockband war ein voller Erfolg, und der nächste Act durfte ein begeistertes Publikum übernehmen.
Engergiegeladen und schweißtreibend ging es direkt weiter mit der Hardcore/Metal Band Shai Hulud aus Florida. Rein musikalisch hat mich Zoax mehr angesprochen, aber auch Shai Hulud hatte eine ganz spezielle Art, das Publikum komplett zu vereinnahmen. Frontman Matt Ian Mazzali verausgabte sich in seiner Performance völlig und erschien körperlich sehr extrovertiert, und auch er stieg das eine oder andere Mal über die Bande, um dem Publikum nahe zu sein. Überraschenderweise übernahm aber Gitarrist Matt Fox, wenn es darum ging, das Publikum mit Worten zu adressieren. Eine gut funktionierende Symbiose, und ein großartiger Auftritt.
Und auch wenn Zoax und Shai Hulud eine bessere Einstimmung nicht hätten bieten können, so drehte sich der Abend nun einmal um Funeral For A Friend, und das wurde spätestens in dem Moment deutlich, als die Waliser die Bühne betraten. Auch wenn man es kaum für möglich gehalten hätte, aber stimmungsmäßig wurden noch einmal 100% drauf gelegt. Direkt von der ersten Minute an bildeten sich Circlepits, in denen gesprungen und geschrien wurde. Ganz offensichtlich wollten nicht nur Matthew Davies, Kris Combs-Roberts, Gavin Borrough, Richard Boucher und Casey McHale ihren Fans eine unvergessliche Abschiedsparty bieten. Auch umgekehrt schien man auf Seite der Fans bestrebt, seiner Band ein Abschiedsgeschenk zu machen, indem man einfach genau so abfeierte, wie die Band es sich von Ihnen gewünscht hatte. Wobei das genau genommen eigentlich kein Wunsch war, sondern eine Ansage. Jeder der nicht die letzte Chance nutzen wollte, zu tanzen, singen, schreien und Spaß zu haben, wurde angehalten, am besten gleich wieder gehen oder sich zumindest etwas weiter nach hinten zu stellen.
Auch am Abend zuvor hatten Funeral For A Friend bereits ein ausverkauftes Konzert im Luxor gegeben, das ganz im Zeichen des Erfolgsalbums „Hours“ stand. Der gestrige, ebenfalls ausverkaufte Abend, drehte sich um das Album „Casually Dressed & Deep in Conversation“. So wurde unter anderem „Waking Up Inside My Own Paralysis“, “Your Revolution Is A Joke” und “Red Is The New Black” gespielt. Aber auch der eine oder andere Song anderer Alben wurde zum Inhalt des Abends gemacht. Und das Publikum war auf alles vorbereitet. Textsicher wurde alles lauthals mitgesungen, was ihnen vorgetragen wurde. Zu vielen der Songs gab es Anekdoten und Geschichten, die verdeutlichten, wie sehr die Band ihre Musik lebt und von ihr bewegt wird. Und auch Themen wie Flüchtlinge, Rassismus und Homophobie fanden inhaltlich ihren Platz an diesem Abend. Auch bei Funeral For A Friend war man äußerst publikumsnah und man tauchte schon mal in die Menge ein. Bei „Juneau“ stürmte Adam Carroll von Zoax auch noch einmal auf die Bühne unterstützte lauthals und mit Körpereinsatz.
Es mag sich vielleicht seltsam anhören, aber es gab keine einzige Zugabe an diesem Abend. Seltsam vor allem nach meiner Beschreibung eines überaus fantastischen Abends. Und noch seltsamer mag es erscheinen, dass das für alle Beteiligten mehr als ok war. Das lag wahrscheinlich daran, dass einfach alles gespielt wurde was gespielt werden musste, und das Konzert an sich Überlänge hatte. Das wusste man im Publikum zu schätzen und man verabschiedete diese großartige Band mit Dankbarkeit und letzten Endes doch mit viel Wehmut.
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