Katzenjammer bringen das Palladium zum Beben

Also, ich fand Katzenjammer ja immer ziemlich gut, aber daran hat sich nun grundlegend etwas geändert. Jetzt finde ich sie grandios, und das liegt daran, dass ich sie gestern live im Palladium in Köln erlebt habe.

Man muss die vier Norwegerinnen in der Tat live gesehen haben, um dieses einzigartige Katzenjammer-Feeling in vollem Ausmaß spüren zu können. Als ein seiner Landesprache mächtiger Deutscher verbindet man mit diesem Wort ja schon mal eine eher minderwertige, triste Heulmusik. Dass der Name daher nicht rühren kann, daran hat man keinen Zweifel wenn man in den Genuss eines Auftritts der vier Energiebündel kommt. Und um die Frage noch zu klären, wie es  denn nun zu dem Bandnamen kam: der geht auf den Comicstrip The Katzenjammer Kids zurück. Unter dem Namen schlossen sich Anne Marit Bergheim, Solveig Heilo, Turid Jørgensen und Marianne Sveen 2005 zu einer Band zusammen und feiern dieses Jahr somit ihr 10-jähriges Jubiläum. Pünktlich hierfür wurde im Januar diesen Jahres das neue Album „Rockland“ veröffentlicht, unter dessen Einfluss auch die aktuelle Katzenjammer-Tour steht.

Aber zurück zum gestrigen Konzert. Eröffnet wurde der Abend von dem norwegischen Solokünstler Sivert Høyem, ehemals Frontman der mittlerweile aufgelösten Indie-Rockband Madrugada. In seinem halbstündigen Auftritt mit Akustikgitarre präsentierte er dem Publikum Stücke aus seinen bisherigen Alben und sein ganz neues Lied „Sleepwalking Man“, mit dem er sich selber porträtiert, wie er sagt. Ein wunderschöner ruhiger Auftritt eines irgendwie surreal wirkenden Sängers.
 
Die Ruhe war spätestens in dem Moment vorbei, als die vier Katzenjammer-Powerfrauen die Bühne betraten. Den Auftakt machten sie unter anderem mit „Der Kapitän“ und „To The Sea“, zwei Klassikern, und „Old de Spain“ aus dem neuen Album Rockland. Danach ging es erst einmal weiter mit Stücken aus dem selbigen: „My Dear“, „Bad Girl“, „Curvaceous Needs“, „My Own Tune“, und das namensgebende „Rockland“ durften natürlich auch nicht fehlen. Zu dem vergleichsweise ruhigeren Stück „Lady Grey“ erzählte Marianne eine emotionale Vorgeschichte aus ihren Zeiten als Krankenschwester über eine Demenz-Patientin, die sie mit Musik aus der Reserve locken konnte. Zum Lachen brachte sie ihr Publikum mit ihrem Kommentar, dass sie eben in einen Eimer pinkeln musste, weil die Toiletten im Palladium einfach zu weit weg sind.

Der Abend war sehr „Rockland“-lastig, aber auch die Fans der älteren Alben kamen nicht zu kurz: so spielten sie zum Beispiel „Demon Kitty Rag“, „Hey Ho – On The Devils Back“, „Wading In Deeper“, „Mother Superior“, und die Cover-Version von „London Calling“ möchte ich auch nicht unerwähnt lassen. Für „A Bar in Amsterdam“ wirbelte Solveig mit ihrer Trompete über die Bühne und riss ihr Publikum dabei regelrecht mit sich. Mitgerissen wurde man eigentlich mit jedem einzelnen ihrer Songs, egal ob Klassiker oder brandneu. Und für „Rock Paper Scissors“ holten die vier sich ihren Special Guest Alea den Bescheidenen von Saltatio Mortis samt Dudelsack auf die Bühne. Diese Mischung passte richtig gut. So ein Dudelsack würde sich eigentlich auch noch gut im Katzenjammer-Instrumentensammelsorium machen.

Denn ganz nebenbei darf nicht unerwähnt bleiben, dass Katzenjammer eine der wenigen Bands ist, bei denen man die Mitglieder nicht nach dem jeweilig gespielten Instrument benennen kann. Es gibt keine feste Bassitin, Schlagzeugerin oder Gitarristin. Und auch für die ungewöhnlicheren Instrumente wie Akkordeon, Mundharmonika oder Ukulele gibt es keine dedizierte Besetzung. Es ist wirklich beeindruckend, die vier Katzenjammer-Frauen dabei zu beobachten, wie sie ihre gefühlten 100 Instrumente untereinander durchwechseln und jede der vier Künstlerinnen jedes Instrument einfach perfekt beherrscht. Aber auch ganz ohne Instrumente zeigen sie ihr unglaubliches musikalisches Talent und vor allem ihre Stimmgewalt: „God’s Great Dust Storm“ ist ein Gänsehautgarant, und vor allem Mariannes soulige Stimme bewegt dabei zutiefst.

Von dem gestrigen Abend war ich sehr begeistert. Für mich war es eine Freude, vier Künstlerinnen zu erleben, die so viel Charme, Verrücktheit und Lebensfreude versprühen und gleichzeitig mit einem so unglaublich großen Repertoire an musikalischem Können überzeugen.

Dieses Katzenjammer-Konzert wird bestimmt nicht mein letztes gewesen sein.

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