Mark Lanegan – minimalistisch und authentisch vor außergewöhnlicher Kulisse

Besondere musikalische Darbietungen verlangen nach besonderen Orten. Die Kulturkirche Köln ist zweifelsfrei ein solcher Ort, und gestern Abend war sie Schauplatz für das Akustikkonzert des Ausnahmekünstlers Mark Lanegan, seines Zeichens ehemaliger Frontman der Screaming Trees und Grunge-Ikone der 90er. Ein akustischer Traum, eingebettet in den dunklen, dauerroten Alptraum eines jeden Fotografen.

Zwei Mitglieder seines Band-Ensembles, Bassist Lyenn und Gitarrist Duke Garwood, machten nacheinander solo mit Gitarre den Auftakt. Beides ganz großartige und individuelle Künstler, die mit ihren Stimmen und Instrumenten fesseln können, und das Publikum mehr als würdig auf den großen Hauptprotagonisten einstimmten. Persönlich hat Lyenn mich eine Nuance mehr berührt, was ich nur teilweise seiner facettenreichen Stimme zuschreibe. Vielmehr war er in gewisser Weise eine Überraschung für mich. Anfangs wirkte er sehr schüchtern, wurde aber von Song zu Song expressiver. Und gerade als er sich selbst auf der Bühne scheinbar am wohlsten fühlte und alles aus seiner Stimme herausholte und ich am liebsten mehr von ihm gesehen und gehört hätte, war seine Bühnenzeit leider schon vorbei.  An Duke Garwood faszinierte in erster Linie die beeindruckende und ungewöhnliche Art, wie er seine Gitarre spielte. Man musste nicht bis zum Ende seines Auftritts warten, um zu der Überzeugung zu gelangen, dass er sein Instrument auf ganz eigene und individuelle Art  sehr perfekt beherrscht.

Kein Wunder, dass Mark Lanegan sich diese beiden Künstler zur Untermalung seiner Stimme mit an Bord geholt hat. Ein vierter Mann an der E-Gitarre machte das Ensemble des gestrigen Abends komplett. Ohne viel Aufhebens betrat das Quartett die Bühne, auf der normalerweise Altar und Kanzel im Mittelpunkt des Geschehens stehen, und legte direkt los mit „One Way Street“ und „Creeping Coastline“. Und auch die letzten Zweifler müssen an diesem Punkt verstanden haben, warum dieses Konzert in dieser außergewöhnlichen Location stattfand, und noch nicht einmal die Kirchenbänke dafür entfernt worden waren. Dieses Konzert war nicht dafür vorgesehen, dass man wild umhersprang und laut mitsang. Vielmehr sollte man genießen und die Augen schließen können. Und Musik und Kulisse voll auf sich wirken lassen können.

Die Stimmung war gar nicht so düster wie ich sie erwartet hatte, vielmehr würde ich sie als friedlich bezeichnen. Sehr zu meinem Leidwesen wurde das dauerrote Licht nach den beiden Supporting Acts noch ein paar Nuancen abgedunkelt, sodass Mark Lanegan und Band in einer Art atmosphärischer Dunkelheit standen. So minimalistisch ummantelt verlieh die unverkennbare Stimme Lanegans der Musik noch einmal mehr Intensität, während er den Mikrofonständer fast stoisch umklammerte. Sehr zu meiner Freude wurde auch „The Gravedigger’s Song“ gespielt. Der Song war bis dato mein aktueller Favorit aus dem musikalischen Repertoire Lanegan’s. Seit gestern ist es wohl „Pretty Colors“, wobei ich sagen muss dass die Albumversion der live vorgetragenen Akustikversion von gestern Abend nicht das Wasser reichen kann. Letztere ging nämlich so was von unter die Haut.
Mit „You Only Live Twice“ und „On Jesus Program“ wurde der offizielle Part des Abends abgeschlossen, bevor man kurzzeitig von der Bühne verschwand, sich aber nicht wirklich lange bitten ließ, bevor man noch 6 Zugaben vortrug, unter anderem eben „Pretty Colors“, „Bombed“ und „Halo Of Ashes“. Mit eigenen Augen habe ich es nicht gesehen, aber ich habe mir erzählen lassen dass der auf der Bühne unnahbar wirkende Mark Lanegan nach dem Konzert eine ganz andere, fast gesellige Seite von sich preisgab, als er bei der Autogrammzeit mit seinen Fans noch ein wenig plauderte.
Zu diesem Zeitpunkt befand ich mich schon auf dem Weg nach Hause, bereichert mit den Eindrücken meines ersten Mark Lanegan Konzerts, das wahrscheinlich nicht mein letztes gewesen sein wird.

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